Februar-Brief 2018

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Tashi Wangchuk

 

Tashi Wangchuk in China

 

Fallbeschreibung

Am 27. Januar 2018 jährte sich die Inhaftierung von Tashi Wangchuk zum zweiten Mal. Ihm wird „Aufhetzen zum Separatismus“ vorgeworfen – eine Anklage, für die ihm bis zu 15 Jahre Haft drohen. Seine Gerichtsverhandlung am 4. Januar 2018 wurde nach vier Stunden vertagt, das Urteil und die Strafzumessung stehen noch aus. Tashi Wangchuk setzt sich dafür ein, dass die tibetische Sprache verstärkt in Schulen gelehrt wird, die in von Tibeter_innen bewohnten Gebieten liegen. Derzeit ist Mandarin die einzige Unterrichtssprache. In sozialen Medien drückte er seine Sorge darüber aus, dass die meisten tibetischen Kinder ihre Muttersprache nicht fließend sprechen können. Das wesentliche Beweismaterial gegen ihn beruht auf dem von der New York Times 2015 produzierten Dokumentarfilm „A Tibetan’s Journey for Justice“. Dieser erzählt die Geschichte von Tashi Wangchuks Reise nach Peking, wo er juristische Unterstützung für sein Vorhaben suchte, eine Klage gegen örtliche Beamt_innen einzureichen, weil die tibetische Sprache in den Schulen nicht gelehrt wird. Keine Kanzlei wollte sich der Klage annehmen und der staatlich finanzierte Fernsehsender CCTV lehnte Tashi Wangchuks Bitte ab, über die Situation zu berichten. Die Polizei benutzte das Filmmaterial als Beweis, dass er durch den Versuch, das internationale Ansehen der chinesischen Regierung und ihrer Politik gegenüber ethnischen Minderheiten in Misskredit zu bringen, absichtlich zum „Separatismus“ aufgehetzt habe.

Im Brief an den leitenden Staatsanwalt bitten wir ihn, die Anklage gegen Tashi Wangchuk fallenzulassen, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist und sich nur deshalb in Haft befindet, weil er von seinem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hat.

Hier ist das Anschreiben an die Vertretung des Landes

Botschaft der Volksrepublik China
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin

Exzellenz,

Sie erhalten anbei eine Kopie meines Schreibens an den leitenden Staatsanwalt der Volksstaatsanwaltschaft der Autonomen Tibetischen Präfektur in Yushu. Der junge Mann ”’Tashi Wangchuk”’ sitzt seit 2 Jahren im Gefängnis. Ihm wird „Aufhetzen zum Separatismus“ vorgeworfen. Er setzt sich dafür ein, dass die tibetische Sprache verstärkt in Schulen gelehrt wird. Es besteht die Gefahr, dass die meisten tibetischen Kinder ihre Muttersprache nicht fließend sprechen können.

Tashi Wangchuk hat nur juristische Unterstützung in Peking gesucht, wurde aber bereits deswegen unter Anklage gestellt.

Ich appelliere auch an Sie, sich auch dafür einzusetzen, dass die Anklage gegen Tashi Wangchuk fallengelassen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Anlage

Hier ist der Brief an das betroffene Land

Chief Procurator of Yushu Tibetan Autonomous
Prefecture People’s Procuratorate
Yushu Zangzu Zizhithou Remin Jianchayuan
Minzhulu, Yushushi
Yushu Zangzu Zizhizhou
Qinghaisheng 81500
VR China

Dear Procurator,

I am writing to you to bring to your atttention the case of Tashi Wangchuk. This young man has been imprisoned for over 2 years under charges of incitement to separatism. His trial on January 4, 2018 lasted for 4 hours and was then broken off without a verdict or sentence.

Tashi Wangchuk is very concerned that the Tibetan language is in danger of dying out because the schoolchildren are taught only in Mandarin in the regions inhabited by Tibetans. Most children are now incapable of speaking their mother tongue fluently. A documentary film produced for the New York Times in 2015 tells of Tashi Wangchuk’s attempts to obtain legal support in his campaign to promote teaching in the Tibetan language in schools. This was regarded as proof that he wanted to bring the Chinese government’s policy towards ethnic minorities into disrepute.

I, together with other supporters of Amnesty International, am of the opinion that the charges against Tashi Wangchuk should be dropped. He is regarded as a non-violent political prisoner and has only been imprisoned because of making use of his right to freedom of opinion, as stated in Article 19 of the Universal Declaration of Human Rights.

I hope you will agree that one’s mother tongue is an integral part of one’s culture and way of life. To deny children access to their heritage cannot be condoned.

Yours faithfully

Copy to:
Botschaft der Volksrepublik China
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin

3. Dezember 2018